zur Homepage von Johannes Staeveszum vorherigen Kapitelzum Inhaltsverzeichniszum nächsten Kapitelzum PtU

10.2 Oberflächenkenngrößen

Zur Beurteilung der Topografie im Hinblick auf die Reibung sind Oberflächenkenngrößen auszuwählen, mit denen die für tribologische Mechanismen relevanten geometrischen Merkmale quantifiziert werden können.
In Tabelle 26 sind die Oberflächenkenngrößen angegeben,  mit denen diese geometrischen Eigenschaften quantifiziert werden können und die in Kapitel 8.3 die deutlichsten Korrelationen zum tribologischen Verhalten ergaben.


Tabelle 26: Ausgewählte Oberflächenkenngrößen zur Beurteilung der geometrischen Eigenschaften von Blechoberflächen

Drei der sieben Kenngrößen lassen sich anhand von 2D-Messungen bestimmen, für die anderen vier sind 3D-Messungen erforderlich.
In Bild 73 ist eine Modelloberfläche dargestellt, die nach den Überlegungen zum Reibmodell in Kapitel 5 für die Reibung günstige geometrische Eigenschaften aufweist.


Bild 73: Modelloberfläche mit für das tribologische Verhalten günstig zu beurteilenden gemoetrischen Eigenschaften

Der obere Bereich der Topografie besteht nicht wie üblich aus einzelnen Spitzen, sondern aus schmalen Graten oder Stegen, die bereits bei geringer Einglättung die Topografie weit oben abschließen. Zwischen den Stegen und den Kratern ist ein flacher Kernbereich vorhanden, um hydrodynamische Effekte zu unterstützen.
Die in Bild 73 dargestellte Topografie kann alle Anforderungen an die geometrischen Eigenschaften in hohem Maße erfüllen. Mit den zur Zeit zur Verfügung stehenden Fertigungsverfahren lassen sich die hohen schmalen Grate aber nicht herstellen. Zur Beurteilung existierender Topografien müssen die Kenngrößen gewichtet werden. So stellt sich die Frage, ob im Zweifelsfall eher hohe Spitzen für Quetschströmungen oder ein niedriger Materialanteil der Spitzen für Flanken, Stufen und abgeschlossene Schmiertaschen höher zu gewichten ist. Die Wirkung der Mechanismen und damit die Gewichtung der Kenngrößen hängen je nach Bauteil auch von den Beanspruchungsbedingungen ab. Bei Bauteilen mit großen homogen beanspruchten Kontaktflächen und kurzen Werkzeug-Kontaktzeiten können Quetschströmungen besser genutzt werden als bei langsam umgeformten kleinen Bauteilen. Bei Bauteilen mit hoher Beanspruchung durch Kontaktnormalspannung und Dehnung des Bleches in Blechebene kann die Topografie auch mit größeren Sr1 noch so weit einglätten, daß Flanken, Stufen und abgeschlossene Schmiertaschen wirken. Tabelle 29 im Anhang enthält für die verschiedenen Mechanismen günstige Bedingungen, die bei der Gewichtung der Kenngrößen zu berücksichtigen sind.
Die höchsten Kontaktnormalspannungen und niedrigsten Reibungszahlen wurden in dieser Arbeit von Blechen mit niedrigen Spitzen und flacher Kernrauheit erreicht. Die hydrodynamischen Effekte an Flanken und Stufen und die hydrostatischen Effekte in abgeschlossenen Schmiertaschen sind demnach bei der Beanspruchung des Streifenziehversuchs stärker zu gewichten als der Anteil der Quetschströmungen. Unter den Beanspruchungsbedingungen des Streifenziehversuchs sind deshalb nach dem Mindestvolumen vor allem niedrige Sr1, hohe Sk und hohe aclm reibungssenkend. Zusätzlich wirkt sich eine hohe Feinheit der Topografie günstig aus. Bei den Blechen 6 und 7 sind die Spitzen trotz niedriger Sr1 relativ hoch, so daß zusätzlich Quetschströmungen genutzt werden können.
In Tabelle 27 sind günstige und ungünstige Werte für diese Kenngrößen unter den Beanspruchungsbedingungen des Streifenziehversuchs angegeben. Die Werte sind den Meßdaten aus Kapitel 8 entnommen. Beim Vergleich der Oberflächenkenngrößen mit den Ergebnissen anderer Meßgeräte sind die Meßprinzipien, Filter und Meßbedingungen zu berücksichtigen (Kapitel 2.5).


Tabelle 27: Im Streifenziehversuch ermittelte Grenzwerte für die Oberflächenkenngrößen

Auf die Kenngrößen p und cclm kann noch verzichtet werden, da bei den zur Zeit herstellbaren Topografien ein starker Zusammenhang zwischen diesen Kenngrößen und der Spitzenhöhe Spk* festgestellt wurde. Erst wenn die Herstellung von Oberflächen mit Graten anstelle von Spitzen möglich ist, werden diese Kenngrößen zur Differenzierung der Eigenschaften Spitzenhöhe und Abgeschlossenheit erforderlich.

zur Homepage von Johannes Staeveszum vorherigen Kapitelzum Inhaltsverzeichniszum nächsten Kapitelzum PtU